Die Folgen einer Bus-Streichung

Eine "Carte Blanche" von Regula Schindler, veröffentlicht am 5.2.2010 im Bieler Tagblatt

Regula Schindler, Foto: Thomas Batschelet

Es ist 22.45 Uhr, Kinoende und wir warten auf den Vingelzer Bus. Kalt ist es und nirgends ist der vertraute weisse Kleinbus zu sehen. Vergessen (oder verdrängt?) haben wir den Umstand, dass das Amt für öffentlichen Verkehr mit dem Fahrplanwechsel vom 13. Dezember 2009 den ersten und die letzten drei Kurse des Vingelzer Busses ersatzlos gestrichen hat. Der letzte Bus fuhr um 22.20 Uhr! So heisst es entweder 40 Minuten nach Hause laufen, entlang dem Pasquart und dem See bei Dunkelheit und Kälte - nicht gerade eine erbauliche Vorstellung! Oder aber wir müssen ein Taxi nehmen.

Seitdem die Vingelzer im Dezember vor ein fait accompli gestellt wurden, erhält der Vorstand des Vingelz-Leistes täglich viele Reaktionen von aufgebrachten Anwohnern. Der Frust ist gross. Durch das Wegfallen der Kurse ergeben sich vielfältige logistische Probleme. Das Quartier wird an den Randzeiten von der Stadt völlig abgeschnitten!

Wie erreiche ich morgens den ersten Zug nach Zürich oder Bern? Wie komme ich nach 22.20 Uhr abends heim? Muss ich meinen Besuch bereits nach 22.00 Uhr verabschieden, damit sie den letzten Bus zurück in die Stadt nehmen können? Und die Restaurantbesucher und deren Angestellten? Bei all diesen Überlegungen gibt es nur eine praktikable Lösung: umsteigen auf den Privatverkehr! Und wo bleibt der Service public? Eltern werden gezwungen, nachts ihre Kinder mit dem Auto abzuholen und selber tagsüber ihr Auto im Parking zu lassen, um abends nach Hause zu gelangen. Der Besuch von kulturellen Veranstaltungen oder eines EHC Match bedingt die Benützung des Privatautos, ungeachtet des vorhandenen Abos oder GA. So nimmt der Privatverkehr zu, genau das Gegenteil aller kantonalen und kommunalen Bemühungen, den öV zu fördern!

Die Vingelzer fühlen sich zu Recht geprellt. Besonders auch, da Vingelz das einzige Quartier ist, bei dem solch einschneidende Massnahmen getroffen wurden. Die Ökologie und Sicherheit der Quartierbewohner ist auch ideell zu werten und muss rein ökonomische Berechnungen aufwiegen.

Vingelz vertraut darauf, dass die Stadt alles daran setzen wird, den alten Fahrplan des 11-er Busses rasch möglichst zu reaktivieren. Dies wäre ein Akt der Gleichbehandlung aller Quartiere und der Solidarität der Stadt mit Vingelz.

Regula Schindler
Präsidentin Vingelz-Leist

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