Hinweise auf weitere prähistorische Dorfanlage in Vingelz

Bilder der Archäologischen Dokumentation in Vingelz

Seit Anfang 2008 begleitete der Archäologische Dienst des Kantons Bern die Sanierung des Hafens von Biel-Vingelz. Die Arbeiten sind nun abgeschlossen. Die Dokumentation von etwa 70 prähistorischen Pfählen im Randbereich der Fundstelle erbrachte die Hinweise auf eine bisher unbekannte Dorfanlage aus der Zeit um 2970 v.Chr.

Am 27. Juni 2011 wurde die Fundstelle zusammen mit 111 anderen Stellen in sechs Ländern zum UNESCO Welterkulturerbe ernannt.

Gleichzeitig mit den Arbeiten zur Expo 02 führte der Archäologische Dienst des Kantons Bern 1998 im Vingelzer Hafen eine erste Tauchsondierung durch. Dabei zeigte sich, dass die Fundstelle, anders als die meisten Bielersee-Pfahlbauten, noch hervorragend erhalten ist. Zudem wurde erstmals klar, wie alt die Siedlungsreste sind. Mit einer dendrochronologischen Untersuchung konnte nachgewiesen werden, dass hier vor etwa 5000 Jahren Dörfer der ersten Bauern bestanden hatten (Endneolithikum, vorläufiges Datenspektrum 2825 - 2695 v.Chr.). Die aktuelle Baubegleitung erbrachte nun sogar noch gut 200 Jahre ältere Daten der Jahre 2974 und 2973 v.Chr. Es handelt sich damit um die ältesten archäologischen Funde auf dem Gebiet der Gemeinde Biel.

Die Siedlungsreste im Vingelzer Hafen zählen zu den bedeutendsten Kulturgütern im Kanton Bern. Sie sind Teil des schweizweiten Inventars der Pfahlbauten, das die Grundlage für das UNESCO Welterbe «Pfahlbauten in Seen und Mooren rund um die Alpen» ist. Deshalb mussten bei der Sanierung des Hafens die Interessen der Betreiberin und die Vorgaben des Denkmalpflegegesetzes zum Schutz des archäologischen Kulturgutes aufeinander abgestimmt werden. Mit Anpassungen bei der Nutzung des Hafens gingen die Stadt Biel/CTS AG auf die Bedürfnisse der Archäologie ein. Der Archäologische Dienst seinerseits stimmte im peripheren Bereich der Fundstelle Baggerungen für Schiffsplätze mit grösserem Tiefgang zu. Während dieser Arbeiten dokumentierte der Archäologische Dienst die neu entdeckten Pfahlreste mit Tauchern. Um die archäologischen Fundschichten vor weiterer Erosion zu sichern, wurde der am meisten gefährdete Bereich unmittelbar neben den Baggerungen mit Geotextilmatten geschützt. Dank der guten Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Bauunternehmen, der Bauleitung, der Stadt Biel und dem Archäologischem Dienst konnten die Sanierung des Hafens wie geplant abgeschlossen werden.

Die Siedlungsreste am Nordufer des Bielersees, mitten im Hafen von Biel-Vingelz, gehören zu den am besten erhaltenen Pfahlbauten im Kanton Bern. Erste Hinweise dazu liefert bereits der 1. Pfahlbaubericht von 1854. Zwischen 1874 und 1898 wurden drei Einbäume aus dem See geborgen. In den 1930er Jahren war sowohl die Fundstelle im heutigen Hafen als auch das gut 150 Meter vor dem heutigen Ufer liegende Pfahlfeld "Insel" bekannt. Dieses wurde 1934 von archäologisch interessierten Anwohnern vermessen. Die relativ unbekannte Fundstelle lag immer tief im See. Deshalb wurde sie vor früheren "Ausbeutungen" im 19. Jahrhundert verschont. Bei den Vorarbeiten zur Expo 02 wurde dieses bereits stark erodierte Pfahlfeld "Insel" (Spätbronzezeit, vorläufiges Datenspektrum 957 - 686 v.Chr.) 1999/2000 vollständig ausgegraben. Die Ausdehnung der Kulturschichten im Hafen konnte erst 1986 durch Sondierbohrungen ermittelt werden.

Pfahlbau-Fundstellen am Bielersee sind von Erosion bedroht

Die wissenschaftlich korrekte Ausgrabung der gesamten archäologischen Fundstelle im Vingelzer Hafen wäre mit einem Aufwand von mehreren Jahren und einigen Millionen Franken verbunden gewesen. Das Ziel einer nachhaltigen archäologischen Denkmalpflege besteht darin, möglichst viele Fundstellen im (See)Boden zu belassen und für künftige Generationen zu erhalten. Dies spart nicht nur Kosten für die Ausgrabung, Auswertung und Publikation sondern entspricht auch dem Europäischen Übereinkommen zum Schutz des archäologischen Erbes, das die Schweizerische Bundesversammlung schon 1995 angenommen hat und deshalb seit der Inkraftsetzung am 28.9.1996 auch verpflichtende Wirkung hat. Die meisten der etwa 35 Pfahlbaufundstellen des Bielersees sind massiv durch Erosion am Seegrund gefährdet. Dieses reiche kulturhistorische Erbe ist in grossem Umfang bedroht, so dass der Archäologische Dienst seine knappen Ressourcen vor allem auf diese Problemfälle richten muss. In den letzten 20 Jahren wurden deshalb vor allem im Bereich der Gemeinde Sutz-Lattrigen zahlreiche Rettungsgrabungen unternommen, die der Dokumentation von erosionsgefährdeten prähistorischen Seeufersiedlungen dienten. Im Vingelzer Hafen wurde auf eine gross angelegte, kostspielige archäologische Ausgrabung verzichtet. Damit wurde der Betrieb des Hafens nur leicht eingeschränkt. Trotzdem konnte der Archäologische Dienst sicher stellen, dass das unsichtbare aber wichtige Kulturgut erhalten bleibt.


Weiterführende Literatur zu den Fundstellen von Biel-Vingelz:

Medienmitteilung des Kantons Bern vom 15.05.2008 / Nachtrag UNESCO Welterbe 27.06.2011 T.B.


-> communiqué en français

Sondierbohrung -> Fotos Sondierbohrungen 17.01.2008

Pfahlstücke -> Fotos Pfahlvermessungen 25.02.2008

Sondage -> Fälljahr und Alter der dendrochronologisch analysierten Pfähle im Hafen Vingelz

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