Schlangen - was tun ?
Auszüge aus dem Merkblatt "Schlangen - was tun?" der
Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz (KARCH), Bernastrasse 15, 3005 Bern
Wo leben in der Schweiz Giftschlangen?
Schlangen kommen in der ganzen Schweiz vor. Die beiden einheimischen Giftschlangenarten, Aspisviper (Vipera aspis) und Kreuzotter (Vipera berus), fehlen aber im Mittelland grösstenteils und haben ihre Hauptverbreitung an sonnigen Hanglagen im Jura und in den Alpen. Obwohl zunehmend selten und regional gar vom Aussterben bedroht, können beide Arten lokal noch recht häufig sein; zudem haben in vielen ihrer Lebensräume Störungen derart zugenommen, dass die Tiere an die Anwesenheit des Menschen gewöhnt wurden und sich ihre Fluchtdistanz verkürzt hat. Begegnungen mit einer Giftschlange sind daher auch heute noch ein Ereignis, von dem nicht nur Winzer und Bergbauern, sondern auch Wanderer und Alpinisten betroffen sein können.
Für Laien ist es kaum möglich, aus Distanz giftige von harmlosen Schlangen sicher zu unterscheiden. Vorsicht ist deshalb grundsätzlich jeder Schlange gegenüber geboten. Zudem stehen alle acht Schlangenarten der Schweiz seit 1967 unter bundesrechtlichem Schutz. Wer eine Schlange erschlägt, macht sich strafbar.
Gleichzeitig sei daran erinnert, dass die Schlangen zu den gefährdetsten Tierarten der Schweiz gehören. Die Verbesserung ihrer Lebensbedingungen und längerfristige Erhaltung ihrer Populationen sind Bestandteil des KARCH-Pflichtenhefts.
Kenntnisse über Schlangen, die Bissunfälle vermeiden helfen
- Schlangen sind wechselwarme Tiere, d.h. ihre Körpertemperatur ist von der Umgebungstemperatur abhängig. Den Winter verbringen sie an frostgeschützten Orten in einer Kältestarre. Während ihrer aktiven Phase - etwa Ende Februar bis Mitte Oktober - halten sie sich vor allem bei warmem und feuchtem Wetter im Freien auf. Bei Hitze, Trockenheit, Kälte oder starkem Regen bleiben sie in ihren Schlupfwinklen oder verbergen sich in der dichten Krautschicht.
- Schlangen reagieren im allgemeinen rasch auf Bewegungen und Bodenerschütterungen und ergreifen dann meist die Flucht. Auf den Boden stampfen hilft aber nur, wenn der Untergrund Vibrationen gut weitergibt. Auffällige Bewegungen sind oft verlässlicher, um die Tiere aufmerksam zu machen und zur Flucht zu veranlassen.
- Schlangen haben keine Ohröffnungen und sind taub.
- Schlangen sind scheue Tiere. Sie greifen niemals ohne Not einen Menschen an.
- Schlangen zwängen sich oft in enge Ritzen und Spalten, die ihnen guten Schutz vor Feinden gewähren. Holzstösse, Bruchsteinmauern, Bretter, Stein-, Blech- und Eternitplatten sind daher bevorzugte Schlupfwinkel.
- Schlangen, die bei Annäherung eines Menschen unbeweglich liegen bleiben, sind nicht unbedingt tot, sondern schlafen oder verlassen sich auf ihre Tarnung.
- Schlangen, die sich einem Menschen nähern, haben diesen sicher nicht bemerkt und versuchen keinesfalls anzugreifen. Eine auffällige Bewegung veranlasst das Tier zur Flucht. Zur Paarungszeit im Frühling sind Männchen auf Weibchensuche oft derart abgelenkt, dass sie einen Menschen nicht sofort bemerken!
Massnahmen, die Bissunfälle vermeiden helfen
- In unübersichtlichem Gelände nie barfuss gehen, sondern gutes Schuhwerk tragen und fest auftreten.
- Kleinkinder nicht an unkontrollierten, unübersichtlichen Orten spielen lassen und ihnen die Gefahr erklären, die eine Schlange bei falschem Verhalten - etwa wenn man sie reizt - darstellen kann.
- Schlange nicht anfassen oder sonstwie belästigen, aber aufmerksam machen und ihr Gelegenheit zur Flucht geben. Bleibt sie trotzdem liegen, ruhig in mindestens 2 m Abstand vorbeigehen. Nimmt die Schlange uns zu nahe wahr, könnte sie erschrecken, sich bedroht fühlen und zubeissen.
- Nicht in unübersichtliches Gebüsch und Gestrüpp greifen. Beeren- und Pilzsammler klopfen unübersichtliches Gebüsch erst mit einem Stock ab, um allfällig anwesende Schlangen zur Flucht zu veranlassen.
- Wer Schlangen ums Haus hat, beseitigt Versteckmöglichkeiten und macht das Gelände übersichtlich: Gras kurz halten, Gestrüpp, Laub- und Steinhaufen, herumliegende Bretter, Blech- und Eternitplatten entfernen. Holzstösse wenn möglich im Schatten anlegen, da Schlangen von der Sonne erwärmte Stellen als Schlupfwinkel bevorzugen.
Helfen die geschilderten Massnahmen nicht, um die Schlangen dauerhaft vom Haus fernzuhalten, dann die KARCH oder den zuständigen Wildhüter benachrichtigen. Anderweitige Selbsthilfe unterlassen!
Erste Hilfe bei Schlangenbiss
- Ruhe bewahren - Bissopfer beruhigen und im Schatten lagern. Bei richtiger Behandlung haben Schlangenbisse bei uns nur äusserst selten schwerwiegende Folgen. Schock und Angstzustände wirken oft gefährlicher als eine Vergiftung. Ein Biss verursacht in der Regel starke Schmerzen und Schwellungen, die noch keinesfalls lebensgefährlich sind, aber ärtzliche Betreuung erfordern.
- Sofortmassnahmen bei allergischen Reaktionen - Wer schon einmal von einer Giftschlange gebissen wurde, kann mit einem anaphylaktischen Schock reagieren. Dieser bewirkt einen rapiden Blutdruckabfall, der innert Minuten zur Bewusstlosigkeit führen und lebensgefährlich werden kann. Hier hilft einzig die sofortige Zufuhr ärztlich verordneter Antiallergika (z.B. als Adrenalin-Autoinjektor)!
- Desinfizieren der Bissstelle zur Vermeidung von Wundinfektionen
- Ruhigstellen der betroffenen Gliedmasse (Armschlinge oder Schiene), um verstärkte Durchblutung zu verhindern. Bewegungen fördern die Ausbreitung des Giftes.
- Transportieren des Bissopfers in die nächste Arztpraxis oder in ein Spital. Tragen, Autotransport, im Gebirge je nach Zustand des Patienten Helikopter anfordern. Dem Bissopfer muss jede Anstrengung erspart werden.
- Informieren des Arztes über Ort und Zeitpunkt des Unfalls, möglichst exakte Beschreibung der Schlange, erfolgte Erste Hilfeleistungen, Auskünfte über Allergien und allfällige frühere Serumbehandlungen.
- Weitere Massnahmen wie Bandagieren, Bissstelle aufschneiden oder ausbrennen, Alkoholgabe etc. unterlassen! Antivenine («Gegengifte») sind einzig vom Arzt zu verabreichen.
Ergänzung aus anderen Texten
Reptilien in der Rebkulturlandschaft am Bielersee
Dr. Ueli Hofer, Naturhistorisches Museum, Bernastrasse 15, 3005 Bern
Reptilien sind typische Bewohner traditioneller Rebkulturlandschaften. Am Bielersee zwischen La Neuveville und Vingelz, in einer Landschaft von nationaler Bedeutung (BLN-Objekt Nr.1001), sind fünf Arten heimisch, d.h. ein Drittel der Reptilienfauna der Schweiz:
Der Bestand der Nominatform der Aspisviper («Juraviper», Vipera aspis aspis) ist der weitaus grösste im gesamten Berner Jura und gehört zu den bedeutendsten des Schweizer Juras überhaupt. Die Aspisviper ist vor allem im nördlichen Jura über weite Teile vom Aussterben bedroht, weshalb der Population am Bielersee zur Erhaltung der Unterart besondere Bedeutung zukommt.
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